SES assoziiert mit Autismus-Spektrum-Störungen (ASS)

Sprachliche Auffälligkeiten können in Verbindung mit weiteren Entwicklungsstörungen auftreten, z. B. im Zusammenhang mit Autismus-Spektrum-Störungen (ASS). Störungen in der Sprache und der Kommunikation zählen zu den Kernsymptomen bei einer ASS. Es gibt jedoch starke Unterschiede in der sprachlichen Entwicklung von Kindern mit einer ASS. Je nach Schweregrad der Beeinträchtigung (nach DSM-5®), entwickeln manche Kinder mit einer ASS schon frühzeitig eine sehr elaborierte expressive Sprache, zeigen jedoch gleichzeitig deutliche Einschränkungen auf pragmatisch-kommunikativer Ebene (nach ICD-10: Asperger-Syndrom), während andere auf vielen sprachlichen Ebenen Störungen (nach ICD-10: atypischer Autismus und frühkindlicher Autismus) aufweisen und teilweise gar nicht oder kaum verbal kommunizieren können. Typisch sind Einschränkungen im Bereich der rhythmisch-prosodischen, der syntaktischen, semantischen und pragmatischen Sprachkomponente. Insbesondere die nonverbalen kognitiven Fähigkeiten des Kindes haben einen starken Einfluss auf die Sprachentwicklung. Schon früh sind Einschränkungen bei den sprachlichen Vorläuferfähigkeiten, z. B. der frühen Koordination von Gesten und Lauten, dem triangulären Blickkontakt oder der Fähigkeit zur geteilten Aufmerksamkeit zu beobachten (Teufel, Wilker, Valerian & Freitag, 2017).

Die genauen Ursachen von SES bei ASS werden bisher nur vermutet. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sowohl genetische als auch Umweltfaktoren sowie die frühe auditorische und visuelle Wahrnehmung und die Ausprägung der Vorläuferfähigkeiten der Sprache in unterschiedlichem Maße relevant sind (Teufel et al., 2017). Das quantitative Ausmaß der Symptomatik und damit auch einer SES hängt zudem von der intellektuellen Beeinträchtigung ab, die mit einer ASS häufig einhergeht (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, 2016). 

Seit Jahren wird von zunehmend steigenden Prävalenzen von Störungen des Autismus-Spektrums berichtet. Dies ist jedoch auch auf die kontinuierliche Erweiterung der Diagnosekriterien, die zunehmend inklusivere Gestaltung der offiziellen Autismusdiagnostik nach ICD und DSM und die wachsende Sensitivität von Ärzten zurückzuführen. Aktuell wird insgesamt eine Prävalenz von 0.9 bis 1.1% für ASS angenommen. Das Geschlechterverhältnis von Jungen zu Mädchen beträgt 2:1 bis 3:1. Von einer SES sind laut einer Studie von Levy et al. (2010) 63.4 % der Kinder und Jugendlichen mit einer ASS betroffen (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, 2016).

Es wird empfohlen, bei jüngeren Kindern mit ASS den Sprachaufbau z. B. über das Training von sprachlichen Vorläuferfähigkeiten sowie über die zusätzliche Förderung der auditorischen Wahrnehmung und Aufmerksamkeit und der Koordination von Gesten und Lauten, z. B. über Klatschspiele und Singen zu fördern. Der Fokus sollte hierbei auf der positiven Verstärkung des spontan gezeigten Sprech- oder Kommunikationsverhaltens des Kindes liegen (Teufel et al., 2017). 

Für die Unterstützung der Ausdrucksfähigkeit gibt es vielfältige Methoden der Unterstützten Kommunikation, wobei die Methode auf die Bedürfnisse und Fähigkeiten des Kindes abgestimmt werden muss. Insbesondere das Picture Exchange Communication System (PECS) hat sich in Kombination mit dem TEACCH-Ansatz (Treatment and Education of Autistic and related Communication handicapped Children, dt. Übersetzung nach Häussler, 2016) als wirksam bei der Förderung der kommunikativen Fähigkeiten bei Menschen mit ASS erwiesen.